Vom Unsichtbaren zum Sichtbaren und wieder zurück
Die Inklusion von Menschen mit Behinderungen im Bezirk Schwaz ist eine Geschichte der Menschenrechte, des Vertrauens und des Loslassens.
Als am 17. März 1975 die Lebenshilfe in Schwaz von OSR. Flora Prohaska gegründet wurde, war dies ein Meilenstein in der Entwicklung für Menschen mit Behinderungen in der Region und eine große Erleichterung für deren Angehörige. So wurden bereits 1977 am ersten Standort im Lechleitnerhaus in Schwaz wertvolle Dienste geleistet. Sei es in der dortigen Wäscherei, Weberei oder bei Industriearbeiten („Arbeit“) „Endlich wurden Menschen mit Behinderungen und ihre Fähigkeiten sichtbar. Und sie mussten nicht mehr aus dem Zillertal und von Schwaz nach Innsbruck pendeln oder gar die ganze Woche im Internat des Lebenshilfe-Stammhauses im Innsbrucker Stadtteil Pradl verbringen“, so Karl Mark, Regional-Obmann der Lebenshilfe in Schwaz. „Das Lechleitnerhaus war unser erster Standort in der Region und viele weitere folgten“, erinnert sich Karl Mark an die Pionierphase der Lebenshilfe in der Region.
De-Institutionalisierung vorantreiben
„Die Lebenshilfe bietet heute ein vielfältiges und individuelles Begleitangebot in allen Lebensbereichen und wir werden als Organisation immer unsichtbarer. Und das ganz bewusst“, sagt Waltraud Haberl, Regionalleiterin der Lebenshilfe in Schwaz. „Wir denken längst nicht mehr in Einrichtungen, sondern begleiten Menschen mit Behinderungen dort, wo wir ihre Potenziale am besten stärken können: in der eigenen Wohnung, in Betrieben oder im sozialen Umfeld. Und als Menschen- und Bürgerrechtsorganisation setzen wir alles daran, ihr Recht auf Inklusion umzusetzen. Denn das ist unser Auftrag.“
Mensch im Mittelpunkt – damals wie heute
Dabei hat die Lebenshilfe in Schwaz schon früh das Bedürfnis von Menschen mit Behinderungen nach Selbstbestimmung und Eigenständigkeit erkannt. Als 1991 das Unterbringungsgesetz in Kraft trat und in weiterer Folge Menschen mit Behinderungen aus der Psychiatrie ausgegliedert wurden, wurden Menschen mit Behinderung in der Region erstmals stundenweise im Wohnen begleitet. Ein Erfolgsmodell, das seinesgleichen sucht. Heute ist die „Mobile Begleitung“ der Lebenshilfe im Wohnen Standard und rund 2/3 der 120 Bewohner:innen, die die Lebenshilfe in der Region begleitet, leben mittlerweile in eigenen Wohnungen. Seit rund 25 Jahren werden Kinder mit Entwicklungsverzögerungen oder Behinderungen und ihre Familien im Rahmen der „Frühförderung & Familienbegleitung“ gestärkt. Seit 2013 auch in der Freizeit („Freizeitassistenz & Familienentlastung“). Mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention durch Österreich im Jahr 2008 hat die Lebenshilfe auch in Schwaz eine kostenlose Beratungsstelle eingerichtet. Sie informiert und berät Menschen mit Behinderungen und macht ihnen Mut, ihren Weg selbstbestimmt zu finden und zu gehen. „Arbeiten wie alle anderen auch“ lautet immer öfter das Motto der rund 130 Menschen mit Behinderungen, die heute in den verschiedensten Bereichen ihre Arbeitsleistung erbringen und versuchen, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Ob im Dorfladen Schwaz, im Shop Bua & Madl, in den Lebenshilfe Cafés in Vomp, Schwaz und Buch, in Betrieben (Zillertalbier, Eisenbacher Mayrhofen, Bibliothek Hiappach, …), bei Arbeiten für unser Gemeinwohl (Garten- und Wegpflege, …) oder im Projekt „Inklusive Arbeit“ (hier sind Menschen mit Behinderungen in Betrieben angestellt und werden von uns begleitet, die Finanzierung läuft über Land Tirol) und „Job.Chance.Tirol“ (seit 2009), welche die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen in Betrieben verfolgen, um nur einige zu nennen.
Die Region Schwaz / Zillertal in Zahlen
- 107 Menschen begleiten wir beim Arbeiten (Cafés, an Arbeitsstandorten, in Betrieben, …)
- 117 Menschen beim Wohnen (75 Mobile Begleitung, 42 Vollzeit-Begleitung)
- 67 Kinder (0-6 J.) und deren Familien erhalten ein Frühförderangebot (FF)
- 70 Kinder / Jugendliche (0-18) werden in ihrer Freizeit begleitet FAFE)
Erläuterung:
Menschen, die wir beim Arbeit begleiten, werden vielfach auch im Wohnen von uns begleitet.
Einige Kinder, die wir im Rahmen der Frühförderung (FF) begleiten, nutzen auch unsere Freizeitassistenz (FAFE)