Georg Willeit fordert Umsetzung der Menschenrechte.
„Was braucht ein Mensch, um ein gutes, gelingendes Leben führen zu können? Diese Frage schwirrt einem unweigerlich im Hinterkopf herum, wenn man die Menschenrechte ins Scheinwerferlicht rückt. Reicht es, dass die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948 zu Papier gebracht zu haben? Reicht es, dass Österreich sie unterzeichnet hat? Ich denke nein. Vielmehr geht es darum, wie wir diese Rechte verwirklichen und – ebenso wichtig – dass jeder Mensch die Freiheit und die Möglichkeit hat, zum Ausdruck zu bringen, was er oder sie braucht. Und damit auch gehört zu werden. Gehört zu werden ist nicht immer selbstverständlich: etwa für Geflüchtete, Wohnungslose, chronisch Kranke oder für Menschen mit Behinderungen.“, so Lebenshilfe Tirol Geschäftsführer Georg im „Brief an Tirol“ in der Tiroler Tageszeitung vom 18.12.2022.
„Wenn es darum geht, ihren Willen und ihre Bedürfnisse auszudrücken, dann sind Menschen mit Behinderungen so verschieden wie alle Menschen: Erfrischend direkt, grenzüberschreitend, analytisch, diplomatisch, aber auch verunsichert und übervorsichtig, weil sie sich in der Kommunikation mit dem Gegenüber oft als nicht wirksam erlebt haben. Ähnliches erleben geflüchtete Menschen. Sie haben vor allem eines zu sein: Dankbar. Da bleibt manchmal wenig Platz für Menschenrechte und Verwirklichungschancen. Umso mehr ist es Aufgabe der Politik, Strukturen zu schaffen, die diese ermöglichen.
Das Gegenteil mussten wir als Lebenshilfe heuer lernen, als wir ukrainische Kinder und Jugendliche begleitet haben. Der Tagsatz im Rahmen der Grundversorgung des Bundes deckt den Bedarf an Essen und Wohnen, Teilhabe-Angeboten, Therapien, Tagesstruktur bei weitem nicht. Gleichzeitig haben Menschen mit Behinderungen keinen Zugang zum Teilhabe-Gesetz des Landes Tirol. Ihre Mütter sollen und dürfen zwar arbeiten und Steuern zahlen, die Leistungen des Teilhabe-Gesetzes bleiben ihnen und ihren Kindern verwehrt. Die ehemalige Landessregierung verwies auf den Bund, der Bund ans Land. In diesem sich selbst-entschuldigenden System schauen Kinder und Jugendliche durch die Finger und ihre Chancen, ein gutes Leben zu verwirklichen. Als Menschenrechtsorganisation appellieren wir anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte, die universellen Menschenrechte und die UN-Behindertenkonvention in allen Punkten umzusetzen. Sie sind geltendes Recht. So einfach wäre die Lösung.
Apropos Lösung: Deutlich, wertschätzend und differenziert zu kommunizieren ist ein erster Schritt. So umfasst der Begriff Behinderungen körperliche, intellektuelle, aber auch gesellschaftliche Behinderungen und Barrieren. Sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge sind Armutsflüchtlinge. Als Wirtschaftsflüchtlinge könnte man diejenigen bezeichnen, die sich mit ihrem Vermögen in Steueroasen flüchten. Und die Klimakrise wird vor allem eine soziale Krise werden. Gegen all das können wir etwas zum Guten hin verändern.“
Foto: Lebenshilfe Tirol GF Willeit (C) Andreas Friedle