Arbeiten und trotzdem kein Gehalt?
Für Menschen mit Behinderungen ist das vielfach Realität. Sie servieren in Cafés, verschrauben Metallteile, etikettieren, falten Prospekte, nehmen Pakete in Empfang und erhalten dennoch nur ein Taschengeld.
Und das, obwohl es der UN-Behindertenrechtskonvention widerspricht, der Österreich vor 10 Jahren beigetreten ist. Zusätzlich problematisch ist, dass diese Menschen nicht eigenständig arbeits-, kranken- und pensionsversichert sind.
Gehalt statt Taschengeld
So wie der 19-jährige David Bachlechner, der in der Arbeitsorientierung in Lienz arbeitet. Berufsorientierung, Beratung, Erlernen praktischer Kompetenzen, Praktika bzw. Vorbereitung für einen Job am ersten Arbeitsmarkt stehen am Programm. Konkret heißt das für ihn im Winter Brennholzverarbeitung und –lieferung bzw. Arbeit in der Küche, im Sommer Grabpflege am Friedhof und die Pflege von Außenanlagen. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen kann das derzeit nur mit 30 Euro abgegolten werden. Als Sprecher dieses Arbeitsstandortes der Lebenshilfe weiß er, dass das seine Arbeitskolleginnen und -kollegen belastet: „Sie wünschen sich mehr Geld. Wir bekommen zwar die Arbeitsprämie und etwas Trinkgeld, aber wir alle finden, es ist einfach zu wenig. Ihr gemeinsames Ziel: “ Einen Beruf ausüben – so wie andere Menschen auch – und selber Geld verdienen.“
Arbeiten wie andere auch
“Österreichweit arbeiten rund 23.000 Österreicherinnen und Österreicher mit Behinderungen unter derartigen Bedingungen. Anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderungen fordert die Lebenshilfe einen Systemwandel: „Anstelle von diversen Transferleistungen plädieren wir für Gehälter, plus einer individuellen Unterstützung, die den persönlichen Assistenzbedarf abdecken. Es ist eine Frage der Wertschätzung, ob erwachsene Menschen Gehalt bekommen oder in die Beihilfenfalle tappen“, plädiert Geschäftsführer Georg Willeit für eine grundsätzliche Veränderung der Unterstützungsleistungen. Dialogpapier Gehalt statt Taschengeld hier.
Kurz- und langfristige Maßnahmen nötig
Kurzfristig brauche es u.a. eine vereinfachte Begutachtung des Grades der Behinderung, ein Ende der strikten Kategorisierung in arbeitsfähig und –unfähig und das One-Stop-Shop-Prinzip. Für Menschen mit Behinderungen soll es möglich sein, das Einstufungsverfahren bzw. alle Anträge an einer Anlaufstelle einzubringen. Langfristig forciert die Lebenshilfe eine Existenzsicherung über ein Gehalt aus einer Werkstätte oder einem Job in der Wirtschaft bzw. eine Grundabsicherung für Personen, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht arbeiten können. Zusätzlich ist eine Unterstützung für den persönlichen Bedarf an Hilfsmittel, Assistenz und Pflege nötig.